FAQ Viewegs Garten/Hbf

Am 01. Oktober 2019 wurde der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs vorgestellt. Einen Monat später wurde ein Aufstellungsbeschluss gefasst. Damit wurde ein Bauleitverfahren eingeleitet, an dessen Ende ein Bebauungsplan steht. Dieses FAQ (frequently asked Questions) wurde von engagierten Menschen und Initiativen zur Vorbereitung und kritischen Begleitung des Workshops am 15.01. verfasst. Es greift Fragen auf, die im Rahmen der Vorstellung der Ergebnisse des Wettbewerbs an Gruppen und Initiativen aus dem Umweltbereich herangetragen wurden. Im Folgenden werden Fragen zum weiteren Verfahren uns zu Aspekten der Mobilität, Bauen, Wohnen, Energie und Ökologie beantwortet.

Noch ist nichts endgültig entschieden. Jetzt ist die Zeit sich zu beteiligen!

Verfahren

Bisher wurde vom Verwaltungsausschuss ein formaler Aufstellungsbeschluss gefasst.* Erst damit kann die Verwaltung offiziell mit dem Bauleitverfahren beginnen (§ 2 Abs. 1 BauGB). Die Verwaltung muss frühzeitig die Öffentlichkeit beteiligen, indem sie Stellungnahmen von den Bürger*innen erbittet (§ 3 Abs. 1 BauGB). Dazu wird es am 15.01. in der Stadthalle einen Bürgerworkshop geben.

*19-11781: 155. Änderung des Flächennutzungsplanes Bebauungsplan mit örtlicher Bauvorschrift „Umfeld Hauptbahnhof“, AW 118 Stadtgebiet zwischen Kurt-Schumacher-Straße, Ottmerstraße, WillyBrandt-Platz und Berliner Platz

Im Rahmen eines Bauleitverfahrens sind zwei Beteiligungen der Öffentlichkeit vorgeschrieben. Insgesamt setzt sich das Verfahren aus folgenden Schritten zusammen:

– Aufstellungsbeschluss
– frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit = erster Bürgerworkshop am 15.01.2020*
– Auslegungsbeschluss
– öffentliche Auslegung des Planentwurfs für einen Monat (Internet und Aushang)
– Ratsbeschluss

Laut Aussage von Stadtbaurat Leuer soll ein ähnliches Verfahren angewandt werden, wie zum Stadtbahnausbau (mindestens drei Workshops). Dieses sollten die Bürger*innen beim ersten Workshop auch einfordern.

*Danach Einarbeitung der Anregungen der Bürger*innen und der Träger öffentlicher Belange.

Die Stadt hat die Planungshoheit – nur die Stadt kann Baurecht schaffen. Für ihre eigenen Flächen kann sie über Ausschreibungen und Konzeptvergaben Ziele vorgeben. Mit Investoren kann die Stadt so genannte städtebauliche Verträge abschließen, in denen Zielvorgaben vereinbart werden. Im Entwicklungsgebiet vor dem Hauptahnhof sind Flächen im städtischen Besitz sowie in fremden Besitz.

Mobilität

Nein, derzeit noch nicht. Es kann aber im Rahmen des Verfahrens erstellt werden. Das Umfeld des Hauptbahnhofes eignet sich in besonderer Form für eine smarte, nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität; z. B. ein autofreier Stadtteil, der auf Radverkehr, den ÖPNV und Nahmobilität setzt.

Radverkehrsanlagen, wie z. B. in den Niederlanden üblich, sind sowohl vom Autoverkehr als auch vom Fußverkehr getrennt, komfortabel, breit (2,30 – 3,00 m), eben und sicher und werden in Kreuzungen als Schutzkreuzungen geführt. Bisher sind diese nicht so vorgesehen.
Es sollen 1.500 Stellplätze im geplanten Fahrradparkhaus im 1. OG neben dem Bahnhof entstehen. Der aktuelle Bedarf beläuft sich auf 2.500 Stellplätze (Studie 2019). Flächen für ca. 10.000 teils wettergeschützte Radabstellplätze sollten für zunehmenden Radverkehr abgesichert werden.
Laut bisheriger Planung nicht. Es bietet sich an, hier die brachliegenden beiden Tunnel (Post- und Gepäcktunnel) für den Rad- und Fußverkehr zu öffnen. Beide Tunnel können an die Bahnsteige wieder angebunden werden und weitere barrierefreie Zugänge bieten.
Entlang des Ringes bis zur Kurt-Schumacher-Straße wird eine Verlegung vorgeschlagen, die Wendeschleife am Bahnhof soll vergrößert werden. Alle anderen Gleise bleiben wie heute bestehen. Auch die neue Stadtbahn zur Salzdahlumer Straße wird im Entwurd berücksichtigt. Wie bisher soll die Stadtbahn auf eigenem Gleiskörper fahren.
Dieser soll direkt neben den Hauptbahnhof über die bisherige Fahrradstation (auf den Parkplatz) verlegt und überdacht werden.
Der Abbiegeverkehr zwischen Kurt-Schumacher-Straße und Ring (der Ring heißt dort Willy-Brandt-Platz). Damit soll der Bereich direkt vor dem Hbf entlastet werden. Alternativ könnte diese Straße entfallen und der Abbiegeverkehr über die Ottmarstraße geleitet werden.
Vorgabe für den städtebaulichen Wettbewerb war, die Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr beizubehalten. Die überdimensionierten Autoverkehrsflächen sollen bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit reduziert werden (auf dem Ring 2 mal 2 Fahrspuren). Wegfallende Autoparkplätze sollen ersetzt werden. Durch fünf neue Verbindungen zum Bahnhofsviertel wird zusätzlicher Autoverkehr generiert.

Bauen

Ja, wenn es einen Wettbewerb verschiedener Investoren (Baugruppen*, Bau-Genossenschaften, städtische Baugesellschaften, andere Investoren) gibt, die Wohnraum für verschiedenste Zielgruppen schaffen. Kostentreiber sind z. B. Tiefgaragen, sehr kleine oder sehr große Gebäude.

*Baugruppen sind Zusammenschlüsse von Bauwilligen, die gemeinsam ein Haus, möglichst zur Selbstnutzung, errichten. Die Art und Weise des gemeinschaftlichen Zusammenlebens ist nicht immer Inhalt einer Baugruppe (siehe „Wohnen“).

Ja, wenn klimaneutrale Baustoffe verwendet werden, wie z. B. Holz, Stroh, cradle to cradle Baustoffe, Zellulose, Recycling-Beton usw. Anerkannte Zertifizierungssysteme (z. B. LEED) bieten dazu Hilfestellung.
Damit es ein vielgestaltiger und abwechslungsreicher Stadtteil wird, sollten möglichst viele unterschiedliche Architekt*innen kreative Ideen einbringen. Eine Möglichkeit ist ein eigener Gestaltungsbeirat, der sich aus Bürger*innen, Verwaltung und Fachleuten zusammensetzt, öffentlich tagt und für hohe Qualität und Transparenz sorgt.
Die meisten Gebäude im Siegerentwurf sind fünf- bis sechsgeschossig. Ein Gebäude ist höher (14) einige sind niedriger (1). Die geplante Bebauung passt sich den umgebenden Gebäuden an. Eine hohe, bauliche urbane Dichte ist an dieser Stelle sinnvoll und klimafreundlich. Sie führt zu geringem Flächenverbrauch, einer Stadt der kurzen Wege und hoher Energieeffizienz.
Grüne Infrastruktur muss im Bürgerworkshop gefordert werden: z. B. wohnortnahes Grün durch private Freiräume (Balkon, Garten, Terrasse), grüne Gebäude (Fassaden und Dach) und grüne Freiräume (Parks, Pocket Parks, Innenhöfe).

Wohnen

Weder noch. Geplant ist ein lebendiges, urbanes Quartier, das Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Kultur, Soziales, Versorgung, Nah- und Fernverkehr miteinander verbindet.

Energie

Nein. Die Energetische Infrastruktur müsste bereits bei der Quartiersplanung mitgedacht werden. Es könnte festgeschrieben werden, dass sämtliche Gebäude Plus-Energie-Gebäude werden.
Es kommen z. B. Wärmepumpen, E-Heizungen mit erneuerbaren Energien und dergleichen in Frage. Fernwärme sollte vermieden werden, weil sie aus fossilen Energien gespeist wird.
Die Gebäude können durch Photovoltaikanlagen auf allen Dächern, in manchen Fällen auch durch gebäudeintegrierte Fassadenanlagen sowie durch dezentrale Tagesstromspeicher Strom erzeugen. Dabei schließen sich Solarenergie-Nutzung und Dach-/Fassadenbegrünung nicht gegenseitig aus.

Ökologie

Der Siegerentwurf sieht an den Längsseiten eine Erweiterung des Parks um rund 8.000 m² vor. Die nordwestliche und südliche Ecke sollen bebaut werden, an der südlichen wird auch eine Straße durch den Park geführt. Die Umgestaltung des Parks außerhalb des Geltungsbereiches ist ein nicht geforderter Vorschlag aus dem Wettbewerb. Es gibt aktuell keinen Auftrag und keine offizielle Planung für diesen Bereich.

Sinnvoll wäre eine Planung, welche den Park mit seinem reichen Baumbestand langfristig absichert. Das bietet die Möglichkeit, klimaresistente Habitate für Flora und Fauna zu entwickeln. Es wäre ökologisch sinnvoll, einige Gehölze zwischen den Bäumen auszutauschen und weitere Gehölzinseln zu schaffen.
Trotz des um 8.000 m² vergrößerten Parks würden insgesamt ca.18.000 m² neu versiegelt. Diese Fläche kann man reduzieren, indem man Verkehrsflächen reduziert, auf Tiefgaragen verzichtet und die Gebäude um große Bäume herum plant. Kompensieren kann man einen Verlust teilweise durch Begrünung der Gebäude (Fassade/Dach).

Es werden bei unveränderter Umsetzung viele Bäume auf städtischem und privatem Grund verloren gehen.* Zur Beantwortung dieser Frage braucht es eine Bestandsaufnahme, die alle Bäume zählt und nach Vitalität und Wert beurteilt. Die Planung könnte noch auf die Standorte der Bäume eingehen und etliche davon retten.

*Parkecke Nordwest: mind. 31 Bäume
Parkecke Südost: mind. 26 Bäume
Verkehrsinseln: mind. 109 Bäume
Kurt-Schumacher-Str. NO: mind. 15 Bäume
Kurt-Schumacher-Str. SW: mind. 29 Bäume
Bereich ZOB: mind. 51 Bäume
Zwischenergebnis: mind. 261 Bäume gehen verloren.

Durch mehrere Bauprojekte und Umbauten von Straßen sind zahlreiche Bäume in der Umgebung verloren gegangen.
Eingriffe sollen im Gebiet ausgeglichen werden. Ist dies nicht möglich, muss ein Ausgleich an anderer Stelle geschaffen werden. In der Vergangenheit sind zahlreiche dieser Maßnahmen nur unzureichend umgesetzt worden.
Die Auswirkungen auf das Mikroklima können heutzutage simuliert werden. Man kann dieses Mikroklima durch Bepflanzung, Farben, die Art der Fassaden, Beschattung, Baustoffe, Wasser etc. positiv oder negativ beeinflussen. Durch das sich verändernde Klima müssen Städte diesen Einfluss stärker in der Planung beachten, damit sie weiterhin lebenswert bleiben.
Dies muss im Verfahren geprüft werden.
V.i.S.P.: Andreas Hoffmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kreisverband Braunschweig, Madamenweg 171, 38118 Braunschweig.